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Entwurf
 
 
 
 

VERWALTUNGSGERICHT A
 
 

Beschluß









In der Verwaltungsrechtssache
 
 

B ./. Land C





wegen
 

Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und Abschiebungsandrohung;

hier: Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
 

hat die ... . Kammer des Verwaltungsgerichts A durch
 

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht D1

den Richter am Verwaltungsgericht D2

den Richter am Verwaltungsgericht D3
 

am ....................................... b e s c h l o s s e n :
 
 
 

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 03.12.97 gegen die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und die Abschiebungsandrohung des Antragsgegners vom 17.11.97 wird angeordnet.
 

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
 
 

G r ü n d e :

I.





Die Antragstellerin wendet sich gegen die Versagung der Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis und die Ausreiseverfügung durch den Antragsgegner.
 

Die Antragstellerin wurde am 20.01.66 in Sebinkarahisar geboren und ist türkische Staatsangehörige. Im Alter von ca. 3 Jahren kam sie mit ihren Eltern nach Deutschland und besuchte die Grundschule bis zur 3. Klasse. Nach einem weiteren vierjährigem Aufenthalt in der Türkei besuchte sie in Deutschland die 5. bis 7. Klasse der Hauptschule. Danach kehrte sie zusammen mit der Mutter und zwei jüngeren Brüdern erneut in die Türkei zu ihrer Tante und ihrem Onkel zurück. In der Folgezeit kam sie häufig als Touristin nach Deutschland. Mutter und Brüder gingen wieder nach Deutschland. Im August 1995 heiratete die Antragstellerin einen türkischen Mann. Zum Zwecke des Ehegattennachzugs zog sie im September 1996 zu diesem nach Deutschland und erhielt am 04.12.96 von der Stadt E eine bis zum 15.12.97 befristete Aufenthaltserlaubnis.
 

Die Antragstellerin wurde während des Zusammenlebens von ihrem Ehemann massiv mißhandelt, bedroht, unterdrückt und gefangen genommen, was kaum eine Kontaktaufnahme mit Personen außerhalb des Hausstandes ermöglichte. Von Mitte September bis Ende Oktober 1997 pflegte sie in der Türkei ihren krebskranken Onkel, der inzwischen verstorben ist. Seitdem lebt sie bei ihren Eltern und Geschwistern in F. Beim Familiengericht strengte sie ein Scheidungsverfahren an, was ihr auch ermöglichen soll, Unterhaltsansprüche gegen ihren Mann durchzusetzen.
 

Mit Schreiben vom 17.11.97, zugestellt am 18.11.97, lehnte der Antragsgegner die beantragte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab, forderte die Antragstellerin binnen eines Monats zur Ausreise auf und drohte die Abschiebung an. Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 03.12.97, eingegangen am 10.12.97, Widerspruch ein. Am 14.01.98 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.
 

Die Antragstellerin trägt vor, sie habe in der Türkei keine Angehörigen mehr. Als 32jährige geschiedene Ehefrau stehe sie nach dem islamischen Weltbild aufgrund ihres Alters und des Scheiterns ihrer Ehe auf der untersten Stufe der Sozialskala, vergleichbar etwa mit einer Hure. Sie habe hierdurch in der Türkei keine Möglichkeit zu einer beruflichen Tätigkeit, und auch das Eingehen einer weiteren Ehe sei ihr dort nicht möglich.
 

Aufgrund ihres schlechten seelischen Gesundheitszustandes sei sie auf die Unterstützung durch ihre in Deutschland lebenden Eltern und Geschwister dringend angewiesen. Diese Behauptung wird gestützt durch eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin G. Dieser stellte u.a. Schlaflosigkeit und einen Gewichtsverlust auf 43 kg fest und diagnostizierte ein fragiles Selbst und eine latente Suizidalität. Die Antragstellerin benötige ein stabilisierendes, tragendes Umfeld, was in ihrem Falle nur die in Deutschland lebende Ursprungsfamilie sein könne. Müsse sie dieses tragende Umfeld verlassen, müsse dies zu einer weiteren Dekompensation und zu einer starken Suizidgefährdung führen.
 

Die Antragstellerin beantragt,
 

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die Ausweisungsverfügung des Antragsgegners vom 17.11.97 wiederherzustellen und
 

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragsgegners vom 17.11.97 anzuordnen.
 

Der Antragsgegner beantragt,
 

die Anträge abzulehnen.
 

Der Antragsgegner trägt vor, eine Rückkehr in die Türkei stelle für die Antragstellerin keine außergewöhnliche Härte dar, da sie erst im Alter von 30 Jahren in das Bundesgebiet zurückgekehrt sei und den Großteil ihres Lebens in ihrem Heimatland Türkei verbracht habe. Die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet habe außerdem noch nicht einmal 1 Jahr bestanden.
 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt verwiesen. Der Kammer liegen die einschlägigen Akten des Landratsamtes E vor.
 
 



II.






Die Anträge sind zulässig und begründet.
 

A. Der erste Antrag ist sachdienlich dahingehend auszulegen, daß die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung begehrt wird. Der Antragsgegner hat im angefochtenen Bescheid nämlich eine Abschiebungsandrohung nach § 50 AuslG und keine Ausweisung nach §§ 45 ff. AuslG ausgesprochen. Eine Anfechtung der Ausreiseaufforderung wäre demgegenüber unzulässig, da diese keine eigenständige Regelung enthält, sondern nur einen Hinweis auf die gesetzliche Ausreisepflicht nach § 42 AuslG darstellt. Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung für den Fall einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage ist überflüssig, da die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht mit dem Erlaß des Widerspruchsbescheides, sondern erst mit dessen Unanfechtbarkeit endet (Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 9. Aufl. 1996, § 53 Rdn. 29).
 

Für beide Anträge ist § 80 Abs. 5 VwGO der statthafte Rechtsbehelf. Für die Abschiebungsandrohung ergibt sich dies bereits daraus, daß diese ein belastender Verwaltungsakt ist und der Widerspruch gemäß §§ 80 Abs. 2 S. 2 VwGO, 12 LVwVG keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Das gilt aber auch für die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, denn mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird die Wiederherstellung der bis zur Behördenentscheidung vorhandenen fiktiven Aufenthaltserlaubnis nach § 69 Abs. 3 AuslG erreicht. Der Widerspruch hat gemäß §§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, 72 Abs. 1 AuslG keine aufschiebende Wirkung.
 

B. Die Anträge sind auch begründet. Die Antragstellerin hat in der Hauptsache überwiegende Erfolgsaussichten, und ihr Aussetzungsinteresse überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse.
 

1. Die Antragstellerin hat bei der gebotenen kursorischen Prüfung voraussichtlich einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Dieser ergibt sich zwar nicht aus den Vorschriften über den Ehegattennachzug, §§ 13 Abs. 1, 18 i.V.m. § 17 AuslG, wohl aber aus § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AuslG, der ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten vorsieht.
 

a. Aus §§ 13 Abs. 1, 18 i.V.m. § 17 AuslG kann die Antragstellerin keine Rechte herleiten. Voraussetzung hierfür ist nämlich die Herstellung bzw. Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft. An dieser fehlt es, sofern es sich nicht nur um eine vorübergehende Trennung handelt. Ist das Scheidungsverfahren eingeleitet und hat ein Ehegatte die gemeinsame Ehewohnung verlassen, so kann i.d.R. von der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft ausgegangen werden (Hailbronner, Ausländerrecht, Bd. 1, 14. Lfg. Dezember 1997, § 18 AuslG Rdn. 4). Die Antragstellerin möchte die eheliche Lebensgemeinschaft offenkundig nicht wiederherstellen.
 

b. Ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltseerlaubnis ergibt sich voraussichtlich aber aus § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AuslG, da nach dem derzeitigen Sachstand ein Fall außergewöhnlicher Härte vorliegt.
 

aa. Nach dieser Vorschrift wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges Aufenthaltsrecht verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat und es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Die außergewöhnliche Härte ist in § 19 Abs. 1 S. 2 AuslG legal definiert. Sie liegt dann vor, wenn dem Ehegatten wegen der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft nach Art und Schwere so erhebliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der bestehenden Rückkehrverpflichtung drohen, daß der Versagung der Aufenthaltserlaubnis als nicht vertretbar erscheinen würde; hierbei ist die Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu berücksichtigen.
 

Die genannten Vorschriften wurden durch eine zum 01.11.97 wirksame Gesetzesänderung neu gefaßt. Zuvor konnte der Ehegatte ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bei besonderer Härte erst dann erlangen, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens 3 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hatte. Der Gesetzgeber hatte bei der Änderung die Fälle vor Augen, bei denen Ehefrauen Gewalt und Mißhandlungen durch ihre Ehemänner hinnahmen, um den Mindestzeitraum von 3 Jahren in der ehelichen Lebensgemeinschaft zu erfüllen; ein früheres Verlassen der ehelichen Lebensgemeinschaft hätte zwingend aufenthaltsbeendende Maßnahmen ausgelöst (Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 13/4948, S. 8 zu Art. 2 Nr. 2). Die gesetzliche Definition blieb gegenüber dem ursprünglichen Entwurf im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens im wesentlichen unverändert (vgl. Hailbronner, § 19 AuslG Rdn. 6a). Nach der Begründung zum Gesetzentwurf kann eine außergewöhnliche Härte »insbesondere dann gegeben sein, wenn der nachgezogene Ehegatte wegen physischer oder psychischer Mißhandlung durch den Ausländer die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben hat (z.B. wegen schwerer Körperverletzung, strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder die persönliche Freiheit, Zwangsprostitution, Zwangsabtreibung)« (Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 13/4948, S. 8 zu Art. 2 Nr. 2, 1. Spiegelstrich). Somit sind die Mißhandlungen seitens des Ehemannes der Antragstellerin grundsätzlich geeignet, eine außergewöhnliche Härte zu begründen.
 

Allerdings soll auch nach der Neuregelung allein das Vorliegen eines Tatbestandes, der zu der Ausweitung des eigenständigen Aufenthaltsrechts Anlaß gegeben hat, nicht genügen (Hailbronner, § 19 AuslG Rdn. 6c). Vielmehr ist in jedem Fall erforderlich, daß im Falle einer Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach Art und Schwere so erhebliche Schwierigkeiten drohen, daß die Versagung der Aufenthaltserlaubnis als nicht vertretbar erscheinen würde, vgl. § 19 Abs. 1 S. 2 AuslG. Ein Härtefall kann nur dann angenommen werden, wenn der ausländische Ehegatte durch die Ausreisepflicht ungleich härter getroffen würde als andere Ausländer in vergleichbarer Situation.
 

bb. Eine außergewöhnliche Härte für die Antragstellerin liegt zum einen darin, daß sie des Beistands ihrer Ursprungsfamilie anscheinend dringend bedarf, zum anderen darin, daß sie in ihrer Heimat womöglich gravierenden gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt wäre.
 

In der Vergangenheit liegende Umstände, insbesondere auch Vorgänge, die zu der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft geführt haben, sind dann von Bedeutung, wenn sich aus ihnen Folgewirkungen ergeben, die der Ausländerin oder dem Ausländer die Rückkehr in besonderer Weise erschweren. Hierzu gehört eine schwere seelische Erkrankung (Hess. VGH, Beschl. v. 26.04.94 - 13 TH 2676/93 - InfAuslR 1994, 313, 313 f. = DVBl 1994, 944 (LS); vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 16.02.95 - Bs V 380/94 - InfAuslR 1995, 293, 294). Der familiären Verbundenheit ist im Rahmen des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AuslG mit Blick auf den verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) Bedeutung beizumessen, wenn der Antragsteller aus besonderen Gründen auf die Hilfe und den Beistand gerade ihrer Angehörigen angewiesen ist und diese Unterstützung nur in Deutschland geleistet werden kann (Hess. VGH, a.a.O.). So liegt der Fall hier: Die Antragstellerin benötigt ausweislich der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung ein stabilisierendes, tragendes Umfeld, was in diesem Fall nur die Ursprungsfamilie sein kann. Diese lebt jedoch ausnahmslos in Deutschland. Eine Rückkehr in die Türkei würde für die Antragstellerin bereits aus diesem Grunde eine außergewöhnliche Härte darstellen.
 

Eine außergewöhnliche Härte läge aber auch vor, wenn die Antragstellerin bei einer Rückkehr in ihre Heimat gravierenden gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt wäre. Die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf verlangt, daß zur Beurteilung einer Härte vor allem bei den aus fremden Rechts- und Kulturkreisen kommenden Ehegatten auch zu berücksichtigen ist, ob ihnen im Falle der Rückkehr erhebliche Nachteile wegen des Scheiterns der Ehe drohen (Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 11/6321, S. 61 zu § 19 Abs. 1). Das VG Berlin hat festgestellt, daß gerade eine aus ländlichen Gebieten der Türkei stammenden Frau nach Auflösung der Ehe gravierenden gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt sein kann (VG Berlin, Urt. v. 26.06.95 - 28 A 292.93 - InfAuslR 1995, 410, 410).
 

cc. § 19 Abs. 1 S. 3 AuslG steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen. Die Antragstellerin ist voraussichtlich nicht auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe angewiesen. Im Zuge des Scheidungsverfahrens möchte sie gegen ihren Ehemann auch Unterhaltsansprüche durchsetzen. Der Bezug von Sozialhilfe könnte außerdem nicht als mißbräuchlich angesehen werden. Dies ist für Fälle anerkannt, in denen Frauen aufgrund einer Mißhandlung durch den Ehemann in einem Frauenhaus untergebracht werden oder sie keine eigene Arbeitserlaubnis besitzen und daher gezwungen sind, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen (Hailbronner, § 19 AuslG Rdn. 7b). Der vorliegende Fall liegt ähnlich.(1)
 

2. Da voraussichtlich bereits die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis rechtswidrig war, gilt dies erst recht für die Androhung der Abschiebung.
 

3. Das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt auch das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antragstellerin würden durch eine Rückkehr in die Türkei schwerwiegende Nachteile drohen, da vorherzusehen ist, daß sich ihr schlechter seelischer Gesundheitszustand mit Sicherheit verschlechtern würde und sie wahrscheinlich auch gravierenden gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt wäre. Der Allgemeinheit drohen durch ein vorläufiges Verbleiben der Antragstellerin in Deutschland keine nennenswerten Nachteile, zumal sie voraussichtlich keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen muß.
 

Aus diesen Gründen war den Anträgen stattzugeben.
 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:

Antrag auf Zulassung der Beschwerde, § 146 Abs. 4 VwGO
 
 
 

Streitwert: 4.000,-- DM (1/2 des Auffangstreitwerts nach § 13 Abs. 1 GKG).
 
 
 
 
 

gez. D1 gez. D2 gez. D3
 
 

1) Andere Anspruchsgrundlagen führen zu keinem Rechtsanspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.

§§ 13 Abs. 1, 22 i.V.m. § 17 AuslG ist zwar auf den Fall anwendbar, da die Antragstellerin als volljähriges Kind bei ihrer Ursprungsfamilie leben möchte. Eine außergewöhnliche Härte kann darauf beruhen, daß der Familienangehörige auf die Herstellung bzw. Aufrechterhaltung der Familieneinheit angewiesen ist. Sie wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn es auf die in der Familie geleistete Lebenshilfe in einer Art und Weise ankommt, die den Aufenthalt des Familienangehörigen im Bundesgebiet erforderlich macht (vgl. Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, Bd. 1, 44. Lfg. Mai 1997, § 22 AuslG Rdn. 14 und 20 m.w.N.). § 22 AuslG ist jedoch eine Ermessensnorm. Allein das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte führt noch nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null.

Aus §§ 13 Abs. 1, 16 AuslG ergibt sich kein Rechtsanspruch der Antragstellerin, da die Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 AuslG nicht erfüllt ist. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist vorliegend wohl nicht gegeben. Mit der Wiederkehroption soll der Tatsache Rechnung getragen werden, daß die Ausländer, die durch ihre Jugend in Deutschland geprägt werden, sich oft nur schwer in ihrem Herkunftsland zurechtfinden können (Kloesel/Christ/Häußer, § 16 AuslG Rdn. 4). Ist die Voraufenthaltszeit im Bundesgebiet kürzer als die nachfolgende Auslandsaufenthaltszeit, soll die Anwendung der Härteklausel ausgeschlossen sein (Hailbronner, § 16 AuslG Rdn. 16).

Einen Anspruch aus §§ 13 Abs. 1, 15 i.V.m. § 7 Abs. 1 AuslG gibt es rechtlich nicht, da die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familienschutzes in §§ 17 ff. AuslG abschließend geregelt ist (BVerwG, Urt. v. 11.06.96 - 1 C 19.93 - DVBl 1997, 168, 168).

Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 gewährt zwar neben dem Zugang zum Arbeitsmarkt ein implizites Aufenthaltsrecht (Hailbronner, Ausländerrecht, Bd. 3, 14. Lfg. Dezember 1997, D 5.4 Rdn. 34 b m.w.N.). Der Familienangehörige muß jedoch 3 Jahre lang ununterbrochen mit dem Arbeitnehmer zusammengewohnt haben. Der EuGH hat die zeitliche Grenze unschädlicher kurzfristiger Unterbrechungen bei 6 Monaten gesetzt (EuGH, Urt. v. 17.04.97 - C-351/95 - EuGHE I 1997, 2133, 2135). Da der Schulbesuch der Antragstellerin mehrere Jahre zurückliegt, bleiben diese Zeiten unberücksichtigt mit der Folge, daß die Antragstellerin die Wartezeit noch nicht erfüllt hat. Überdies hat sie nicht geltend gemacht, in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu wollen.

Art. 2 S. 3 NAK Türkei gewährt türkischen Staatsangehörigen die Freiheit zur Einreise und Niederlassung vorbehaltlich der Einwanderungsbestimmungen. Die Ausländerbehörden sind danach befugt, durch Versagung oder Nichtverlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung Einwanderungen entgegenzutreten. Um eine Einwanderung handelt es sich, wenn ein Daueraufenthalt im Bundesgebiet angestrebt wird, der also nicht lediglich vorübergehender Art und nicht einem bloß begrenzten Zweck gewidmet ist (BVerwG, Urt. v. 11.06.96 - 1 C 19.93 - DVBl 1997, 168, 170). Nach den Angaben der Antragstellerin deutet alles auf einen angestrebten Daueraufenthalt hin, dem durch Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis begegnet werden darf.

Art. 8 Abs. 1 EMRK, der den Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens gewährleistet, gibt dem Ausländer kein Recht, in ein bestimmtes Land einzureisen und sich dort aufzuhalten. Ein Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis kann hieraus nicht hergeleitet werden (BVerwG, a.a.O., S. 169).

Art. 2 ENA berührt die Vorschriften, die Einreise, Aufenthalt und Ausübung einer Erwerbstätigkeit regeln, nicht, soweit sie nicht zu seinen Bestimmungen in Widerspruch stehen. Für die Vorschriften des AuslG über die Aufenthaltserlaubnis hat das BVerwG dies abgelehnt (BVerwG, a.a.O., S. 170).

Aus Art. 10 Abs. 1 UN-Kinderkonvention ergibt sich kein Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis (BverwG, a.a.O.). ZURÜCK
 

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